Donnerstag, 28. Mai 2009

24.5.09 Wellness bis zur Erschöpfung

Bereits um fünf Uhr trieb mich der Tatendrang aus dem Bett. Erst an der Skytrain Station merkte ich, weshalb die Taxifahrer ungewöhnlich aufdringlich waren. Der erste Zug fährt erst 5.55 Uhr. Ich nutzte die Wartezeit für ein kleines Frühstück, das ich bei 7 eleven (omnipräsenter Detailhändler) kaufte.

Mein Fitnessprogramm begann mit dem Ausfüllen eines Formulars, in dem wieder die selben persönlichen Daten wie Jahresgehalt oder private Telefonnummer verlangt werden, die ich gestern schon nicht oder nicht korrekt angegeben hatte. Dann folgte eine Analyse von Muskel-, Fett- und Wasserverteilung in meinem Körper. Nun habe ich es schwarz auf weiss: Zuviel Muskeln und zuviel Fett. Insgesammt sollte ich 12 kg leichter sein. Auch der anschliessende Fitnesstest bewies, dass ich dringend ein intensives Workout brauche.Sogleich stellte mir der freundliche Trainingsberater ein Trainingsprogramm zusammen und führte mich sorgfältig in den Gebrauch der dafür benötigten Geräte ein.

Nach der schweisstreibenden Schinderei – MANN will sich schliesslich keine Blösse geben und die vernichtenden Testergebnisse durch lockeres Absolvieren des Programm Lügen strafen – meldete ich mich im Spa-Bereich für die bestellte Fussmassage. Diese war zwar nicht so toll wie bei meiner Mutter (praktiziert seit vielen Jahren als Fussreflexzonen-Therapeutin) aber doch recht angenehm.

Entspannt zog ich weiter in die Yoga-Abteilung, wo ich an einer einstündigen Einführung ins Hata-Yoga teilnehmen konnte.

Nach einer langen Mittagspause in meinem Zimmer, gönnte ich mir noch eine zweistündige in einem sauberen und dennoch günstigen Massagesalon, in welchem Mann sogar von einem Kerl massiert wird. Völlig erschöpft von so viel Wellness und in Erwartung einer aufregenden Woche mit Surachit verkroch ich mich recht früh in meinem Bett.

23.5.09 Chatuchak

Heute war ein Ausflug in den grossen Wochenendmark Chatukak im Norden der Stadt fällig. Dieses Labyrinth aus kleinen, überdachten Geschäften und Marktständen bietet eine überwältigte Vielfalt an Waren an. Das Angebot reicht von Second-Hand Kravatten bis zu schweren Brunnenfiguren.



Nach einer halben Stunde wollte ich mich bereits zurück ziehen. Wir Kerle sind einfach nicht dazu geschaffen, ewig an Ständen mit Frauenkleidern in Kindergrösse vorbei zu laufen. Doch dann geriet ich in die Handwerkerabteilung, zu den Haustieren, Duftständen und fand sogar eine hübsche Hose in meiner Grösse und einen edlen Ledergurt zu unverschämt tiefem Preis (ob er wirklich aus Leder ist, kann ich allerdings nicht mit Sicherheit sagen). So verstrichen drei weitere Stunden, bis ich – nach längerem Suchen und wiederholten Fragen – wieder zum Ausgang zurück fand.

Was ich in der Heimtierabteilung sah, könnte einem übrigens die Freude an der Terraristik verleiden lassen. Angesichts der haarsträubenden Behandlung der teilweise geschützten Tiere, welche hier feil geboten werden, sollte die Schweizer Tierschutzfront hier einmal eine Aktion durchführen. Ich machte zwei Photos für den Terraristikkurs, den ich im nächsten Schuljahr durchführen darf und verliess ich diesen Sektor rasch wieder, weil das Interesse der Touristen an diesen Ständen andere Geschäfte zur Nachahmung animieren kann.


Am Nachmittag suchte ich lange nach einem günstigen Internet-Kaffee und einem Massagesalon, in welchem preiswerte traditionelle Thaimassage angeboten wird. Dabei geriet ich auch in den Fitnesstempel von True Spa und sah dort eine Tafel, auf welcher eine einmonatige Mitgliedschaft mit Zugang zu den Fitnessräumen inklusive 4 Massagen und Yogakurs für 1000 Baht angeboten wird. Nach einem Beratungsgespräch mit einer hübschen und sehr freundlichen Dame, legte ich den geforderten Betrag auf den Tisch und machte meine Unterschrift unter den hingehaltenen Vertrag.

Natürlich erfuhr ich die Tücken des Angebots erst danach. Die Massagegutscheine reichen für 4 halbstündige Fussmassagen. Anmeldung am Vortag. Weitere Massagen sind ab 2000 (!) Baht erhältlich. Aber dafür erhalte ich gratis eine Instruktion für den Fitnessbereich, welche ich gleich auf Sonntag morgens um 8 Uhr buchte.

Weil im Fitnessbereich Sportkleidung obligatorisch ist, musste ich noch rasch ein Paar Turnschuhe kaufen. Samstag Abend um halb neun – da drängen sich die grossen Zentren beim Siam Square auf. Im Paragon wurde ich auch wirklich fündig. Dank 50% Rabatt wegen Ausverkauf erhielt ich für 2600 Baht (Wochenlohn eines Fabrikarbeiters) ein feines Paar Marken-Turnschuhe.

WARNUNG: Der nächste Abschnitt kann ihre religiösen Gefühle verletzen. Entscheiden sie bitte vor der Lektüre, ob sie sich das antun wollen.

Abends im Bett überkam mich eine mächtige Welle Traurigkeit. Diese Welt ist unheimlich ungerecht. Und wenn es einen Gott gibt – was ich für sehr unwahrscheinlich halte – dann möchte ich ihm lieber nicht über den Weg laufen, denn wer hinschaut sieht, dass „sein“ Werk nicht gut ist. Bloss weil ich in der Schweiz geboren wurde, etwas Glück hatte und ein paar mal die richtigen Entscheidungen traf, habe ich all diese Möglichkeiten, kann mich fast jederzeit in klimatisierte Räume zurückziehen und werde im Ernstfall in die sichere Heimat evakuiert und dort notfalls für den Rest meines Lebens fürsorglich gepflegt. Und weshalb muss dann nebenan ein Mensch mit abgefaulten Fingern bettelnd am Strassenrand liegen? Und warum erhalten die Wanderarbeiter dort drüben für über zwölf Stunden Arbeit pro Tag, sieben Tage pro Woche weniger Geld, als ich heute ausgegeben habe? OK – tief durchatmen, lächeln und weiter gehen. Vielleicht kann ich ja meinen kleinen Beitrag für eine gerechtere Welt noch leisten.

22.5.09 Die Varane in Lumpini

Als ich ihm stolz mein mittelmässiges Photo eines halbwüchsigen Bindenvarans (Monitor salvator) zeigte (http://1.bp.blogspot.com/_RyyMFZNhhLI/SgA7fTQd5RI/AAAAAAAAAHc/9BS8nuiNEPI/s320/IMG_4595.jpg), erklärte mir Paul, dass ich diese bis 2.8 m langen Echsen auch im Lumpini-Park mitten in Bangkok antreffen könne. Also beschloss ich, den heutigen Tag für eine Varanexkursion in einen der wenigen Stadtparks zu nutzen.

Der Lumpini-Park ist ein toller Ort. Sein Eingangsbereich zeigt mit voller Wucht die Vielfalt Thailands:



Innen idylische Pfade in einer schattigen Parklandschaft mit gemütlich frühstückenden Leuten. Drum herum der röhrende Lärm und erstickende Gestank des Verkehrs und emsig zu Arbeit strebende Menschenmassen.


Hier grüne Wiesen, Palmen und kleine Holz-Häuschen im traditionellen Baustil. Dahinter moderne Hochhäuser mit mehr oder weniger phantasievollen Formen.

Und dann sah ich den ersten Drache: Wenige Schritte vor mir entfernt lag ein ca. 2 m. langer Varan am Ufer eines Teiches. Ich zückte meine Kamera und pirschte mich vorsichtig an ihn heran.


Dabei nutzte ich geschickt die Deckung der Bäume, bis mich ein Mann mit Gesten darauf aufmerksam machte, dass am Baumstamm 1 m über mir ein zweiter Varan darauf wartet, dass ich den Weg zum Ufer frei gebe.


Während den nächsten drei Stunden entdeckte ich ohne Suchen ein Dutzend Tiere. Offenbar brauchen sie sich vor den Menschen nicht zu fürchten. Denn sie haben eine Fluchtdistanz von ca. zwei Metern und überqueren hemmungslos auch stark frequentierte Wege. Dabei weichen ihnen die Thais möglichst aus. Nur verwegene Männer verscheuchen sie manchmal mit Gesten und Lärm.


Surachit erklärte mir später, dass Varane in Thailand als Unglücksbringer gelten. Taucht einer im Haus auf, ist eine Reinigungszermenonie fällig. Zum Glück für die Varane, vermeidet man schlechte Vorsehung, indem man diesen Biestern aus dem Weg geht und nicht indem man sie tötet. Daher ist der Bindenvaran selbst in Bangkok häufig, während die Bestände in Indien angeblich stark gefährdet sind. Für Thais ist es schwer nachvollziehbar bis belustigend, dass Varane unter dem Schutz des IUCN stehen und dass es sogar Leute gib, die sie als Haustier halten.

Den Nachmittag nutzte ich für weitere Streifzüge und die Suche nach Kleidern und einem günstigen Internet-Kaffee. Dabei stellte ich wieder einmal fasziniert fest, wie schnell Ausserordentliches zur Normalität wird. Was mir in der ersten Woche noch den Atem verschlagen hat nehme ich heute als normalen Bestandteil meiner Umwelt war. Ausserdem fielen mir einige Gemeinsamkeiten zwischen Grosstadt und Dschungel auf. Beide sind auf ihre Weise schön und faszinierend und im Grunde doch sehr menschenfeindlich. Offenbar kann Mensch in beiden Biotopen überleben und manchmal sogar richtig Spass dabei haben.

Am Abend traf ich mich mit Chin und Yui für ein Nachtessen im Bayoke Tower. Yui stellte dabei mit einer Mischung aus Anerkennung und medizinischer Sorge fest, dass sich mein Bauch in den vergangenen Wochen erheblich verkleinert hat.

Chin zeigte mir stolz ein Interview aus einer Amerikanischen Onlinezeitung für Börsenmakler, in welchem er als erfolgreicher Broker über seine Strategie Auskunft gibt. Als Belohnung für die guten Geschäftsabschlüsse kann er das kommende Wochenende auf Kosten seiner Firma in Pattaya verbringen.

Sonntag, 24. Mai 2009

21.5.09 Treffen am TISTR

Heute verabschiedete ich mich morgens um 6 vom Biosphaerenreservat Sakaerat. Ich konnte mit einem Mitarbeiter der Station nach Bankok fahren. Er brachte mich zum Hauptquartier des TISTR . Dort bereitete man sich gerade eifrig auf ein Wochenende der offenen Tueren vor. Auch eine Gruppe vom Sakaerat war anwesend und installierte mit mitgebrachten Topfflanzen und anderen Ausstellungsgegenstaenden einen kleinen Wald.

Ich konnte mich in einen Computerraum zurueckziehen und dort meine letzten Blog-eintraege schreiben.

Am Mittag holte mich der Fahrer wieder ab und nahm mich mit in ein Strassenrestaurant, in welchem mir ein hervorragendes Schweinssteak serviert wurde.

Dann kam der Programmpunkt, wegen dem ich ueberhaupt schon nach Bangkok musste. Miss Peesamai Jenvanitpanjakul eine der Vice Gouverner des TISTR empfieng mich fuer eine Audienz.


Mit Shorts - alle anderen trugen korrekte knoechellange Hosen - und der entschuldigenden Erklaerung, dass meine gute Hose im Urwald etwas arg gelitten habe - betrat zusammen in Begleitung von Surachit ihr Buero. Wir unterhielten uns recht ungezwungen ueber Thailand, die Schweiz, die Arbeit des TISTR und mein Sabbatical. Schliesslich kamen wir zur entscheidenen Frag, was ich fuer das TISTR und Surachit als Gegenleistung fuer die Einladung machen werde.

Natuerlich erklaerte ich mich breit, vor der versammelten Belegschaft einen kleinen Vortrag zu halten. Dass ich SchuelerInnen viel
Gutes ueber Thailand erzaehlen werden, konnte ich ohne Vorbehalte versprechen und die Idee eines Treffens zwischen Schweizer und Thailaendischen Schuelern versprach ich unverbindlich im Hinterkopf zu behalten.

Nach der offenbar zufriedenstellenden Audienz fuhr mich Surachit zu seinem Buereau, das ca. 40 km (!) vom Hauptquartier entfernt ist. Dort machte er mich mit einem Kollegen (Photo and name comming soon)bekannt, welcher ein ausserordentlich engagierter Botaniker ist. Er ist praktisch jedes Wochenede an irgend einem interessanten Ort in der Vegetation unterwegs. Distanzen von 800 km sind dabei fuer einen Wochenendtrip kein Hindernis. Auf meine Frage, wie der das schaffe, meinte er, in seinem Alter brauche man nicht mehr so viel Schlaf und ausserdem koenne er sich auf seinen Ausfluegen praechtig erholen. Jedenfalls bot er mir an, mich auf einen solchen Wochenendausflug mit zu nehmen und passte sein Programm sogar meinen Wuenschen an.

Anschliessend mietete ich mir mitten in der Stadt - neben dem National Stadium - ein guenstiges Zimmer und streifte noch etwas durch die Stadt.